Das Zeitalter der Wandlung 02 - Flammenbucht by Markolf Hoffmann

Das Zeitalter der Wandlung 02 - Flammenbucht by Markolf Hoffmann

Autor:Markolf Hoffmann [Hoffmann, Markolf]
Die sprache: deu
Format: epub


KAPITEL 9 - Klänge

Ein Summen, Surren, nervöses Vibrieren der silbernen Drähte… es ging etwas vor sich in den Höhlen des Heiligen Spektakels! Das Gefüge spürte es ganz deutlich, sandte seine Schwingungen durch alle Gänge, um eine Ursache für die Verzerrungen der Sphäre zu finden. Doch es war unaufmerksam, verwirrt durch die Nähe des Wandelbaren und seiner goldenen Maske, deren Macht von Stunde zu Stunde wuchs.

Schatten beherrschten die Erhabene Halle. Das vielfarbige Funkeln der Kristalle war erloschen; statt dessen drang aus den Felswänden ein unheilvolles blaues Schimmern. Es spiegelte sich auf dem Metallboden, tauchte den Turm in der Mitte der Halle in fahles Licht. Weit hatte sich das Gefüge in die stoffliche Welt vorgewagt; es suchte den Wandelbaren, sehnte sich danach, mit ihm zu verschmelzen; doch noch war es nicht soweit. Noch mußte es sich still verhalten und lauschen, lauschen…

Laghanos stand am Fuß des Turms, in unmittelbarer Nähe der zwei wichtigsten Angehörigen des Spektakels: Darsayns, des Haubenträgers, und Benris', dessen Gesicht in der Dunkelheit noch kantiger und fremder wirkte. Tuschestriche schmückten seine Wangen, und seine Brust war mit magischen Symbolen bemalt. Schutzrunen für ein nahes Ritual…

»Benris ist der einzige, der zu den Beschlagenen sprechen kann«, hatte Darsayn erklärt, als Laghanos ihn nach dessen Körperbemalung gefragt hatte. »Er war einst Mitglied der Calindor-Loge und kam aus der Oberwelt zu uns. Er kennt das Ritual, um in die Geister der Beschlagenen vorzudringen; denn als diese geformt wurden, verlernten sie die Sprache. Selbst für mich sind ihre Gedanken nicht zu entschlüsseln.«

Laghanos fragte sich, ob Benris auch seine Gedanken lesen konnte. Der muskulöse Mann flößte ihm Unbehagen ein, denn er blickte Laghanos mit demselben Mißtrauen an wie jene junge Frau, die ihm in der Erhabenen Halle begegnet war. Sie alle fürchten mich. Seit ich die Höhlen des Heiligen Spektakels betreten habe, fragen sie sich, was mit ihnen geschehen wird, wenn ich den Weltengang antrete - und weder ich noch Darsayn können ihnen eine Antwort geben.

Fragen, so viele Fragen… allein die Beschlagenen schienen über das Rätselhafte dieser Stunden erhaben zu sein. Wenn du sie siehst, wirst du verstehen, daß dir das Heilige Spektakel nicht feindlich gesinnt ist - so hatte Darsayn es ihm versprochen. Nun, da Laghanos ihnen gegenüberstand, begriff er die Worte des Haubenträgers. Etwa zweihundert Beschlagene hatten sich in der Erhabenen Halle versammelt, um Laghanos die Ehre zu erweisen -Männer und Frauen verschiedenen Alters. Ihre in dunkle Tücher gehüllten Körper verschmolzen mit der Dunkelheit; allein ihre Gesichter schimmerten im blauen Licht. Ihre Augen waren auf Laghanos gerichtet, so als warteten sie auf seine Befehle. An ihren Gewändern fehlten die rechten Ärmel; nackt ragten ihre Arme hervor. Doch waren es tatsächlich Arme? Von den Fingerspitzen bis zum Ellenbogen war das Fleisch in ein silbernes Geflecht gebettet; zuckende Stangen und Stäbe, Federn und Rädchen, die lautlos ineinandergriffen; und die Finger endeten in Krallen, geschliffenen Sporen, so scharf, so tödlich wie…

…wie die Klauen der Goldei Laghanos dachte an seine Gefangenschaft bei den Echsen zurück. Sie hatten ihn der Universität von Larambroge entrissen, hatten ihm die Maske Drafurs aufgezwungen.



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